8. bis 12. April 2025

Interviews
Fredi und Kathrin Hallauer führten am Zermatt Unplugged verschiedenste Interviews
Interview mit Melina Nora
Interview mit Lola und Esteban Lattion Teilnehmende der Mountain Academy (englisch)
Interview mit Hvck Finn
Interview mit Moira X Otrava
Interview mit Jan von People The People
Interview mit FBI (französisch)
Interview mit Nina Valotti und San Mattia Teilnehmende der Mountain Academy
Dienstag, 8. April
Bei Sonnenschein eröffnete Melina Nora das Unplugged Zermatt auf der Bühne beim Alex. Wie sie am Anfang erklärte, war das ihr erstes Konzert in ihrer Heimat im Wallis. Melina Nora spielte akustische Gitarre und eine analoge Orgel. Sie sang Walliser Deutsch und ein Lied noch mit einem rätoromanischen Teil. Begleitet wurde sie von einer Bassistin, einem Gitarristen und einem sehr dezenten Schlagzeuger. Alle übernahmen die Backing Vocals. Es war ein wunderbares, meist ruhiges Konzert. Die Stimme von Melina Nora kam sehr eindrücklich zur Geltung.

Beim Campfire startete um 16 Uhr Esteban Lattion von der Mountain Academy mit drei Songs. Sein Gesang war sehr gewöhnungsbedürftig, zwischen Kopfstimme und Bass wechselnd und das dauernd.

Es folgte Lolā. Es waren Chansons auf Englisch, welche sie sang. Der Flow der Songs könnte besser sein. Sie hatte eine wundervolle Stimme.

Dann sangen sie einen Song zusammen, welcher in den vergangenen zwei Tagen entstand. Da war der Flow gut, aber der Gesang von Esteban Lattion war derselbe.

Die Taste Village Bühne übernahm Hvck Finn, eine fünfköpfige Band mit Gitarre und Gesang, E-Piano, Schlagzeug, Bass und Perkussion. Sie spielten Indie Folk Singer/Songwriter. Der Sänger hatte ein spezielles Timbre in der Stimme, welche hervorragend gefiel. Schlagzeug und Perkussion verliehen dem Sound auch eine spezielle Note. Hvck Finn spielte ein grossartiges Konzert, authentisch und organisch.

Auf der Zeltbühne trat am Abend Stephan Eicher

mit dem Swiss Orchestra unter Leitung von Lena-Lisa Wüstendörfer. Auch von Anfang an stand Martin Suter auf der Bühne. Weitere waren Reyn Ouwehand der Pianist, und die Harfenistin Noemi von Felten dabei.

Das Orchester spielte manchmal alleine, Stücke von Schweizerkomponisten. Stephan Eicher sang seine Lieder mit dem Orchester. Martin Suter las Geschichten vor. Dann holten sie die Sopranistin Cinzia Zanovello auf die Bühne.

Sie sang bezaubernd und umwerfend. Stephan Eicher und Cinzia Zanovello sangen mit dem Orchester das „Guggisberg“ Lied. Später kam noch Mario Batkovic mit seinem Akkordeon.

Zuerst spielte er seinen üblichen Opener und dann mit dem Orchester ein avantgardistisches Stück. Als Zugabe gab es nicht „Hemmige“, sondern „Zoge n am Boge“ mit allen Musiker:innen. Es war ein grosser Spass und ein hochstehendes zweistündiges Erlebnis. Ein Teil des Publikums sah das anders. Einige verliessen das Zelt, warum auch immer, andere erwarteten etwas Anderes. Wir sprachen mit vielen Leuten, welche das Gebotene zwar künstlerisch und musikalisch ausgezeichnet fanden, aber mehr Stephan Eicher erwarteten. Sie gaben zu, dass in der Ausschreibung stand, dass es viele Gäste hat und wer Stephan Eicher und seine Carte Blanche Konzerte kennt, konnte erwarten, dass es vielseitig wurde. Wir sprachen auch mit Gästen aus der Romandie. Sie bemängelten, dass alles nur Mundart war, Stephan Eicher sprach Mundart (in der Romandie spricht er französisch) und vor allem die Lesungen von Martin Suter waren langweilig, wenn man kein Wort versteht. Finde ich einen guten Kritikpunkt.

Mittwoch, 9. April
Der Tag startete mit Akryl auf der Bühne beim Alex. Die St. Gallerin sang ihre feinen Lieder auf Deutsch. Sie thematisierte die Zerbrechlichkeit, das Stark werden, aber auch Trennung und Abschied waren Themen. Ihr Indiepop war ansprechend, und die feinen chansonhaften Lieder hatten faszinierende Arrangements mit schönen Piano-Teilen. Akryl auf dem Radar behalten.

Im Cervo zogen Moira X Otrava durchs Publikum auf die Bühne, Sie starteten sofort eine riesige Party mit ihrem Balkan- und Klezmersound. Die Klänge wurden mit Rap und Chanson erweitert. Den Leadgesang übernahmen Moira und weitere Mitglieder der grossen Band. Moira spielte Piano und dies und das, machte aber dem Publikum gehörig Dampf. Die sieben Musiker spielten Trompete, Posaune, Klarinette, Geige, Akkordeon, E-Bass und Schlagzeug. In kürzester Zeit bebte das Cervo, inkl. den Leuten an den Tischen. Eine grandiose Band mit super Konzert. Unsere Entdeckung am diesjährigen Zermatt Unplugged.

Im Taste Village sahen wir Linda Elys. Die junge Musikerin und ihre Band spielten federnden Indiepop mit ansprechenden Texten. Linda Elys hatte ein überzeugendes auftreten, welches sie mit ihrer Stimme verstärkte. Wunderbare Musik.
Im Vernissage trat Samy Deluxe mit dem Mikis Takeover! Ensemble auf. Das waren ein Streichquintett plus Cembalospielerin und zwei Sängerinnen. Es war Rap ohne Beat. Samy Deluxe appellierte für absolute Stille, um die Lieder von Hochkultur 1 und 2 zu präsentieren. Er spielte aber auch Lieder aus älteren Alben. Die Arrangements waren genial, die Musiker: innen auch. Die beiden Sängerinnen waren gesanglich öfter sehr präsent. Dies war eines der genialsten Konzerte am Zermatt Unplugged.

Donnerstag, 10. April

Auf dem Ryffelberg marschierten pünktlich um 14 Uhr die vier Musiker der Gruppe FBI auf. Sie marschierten in ihren roten Uniformen einmal ums Hotel und betraten dann die Bühne. Nach wenigen Stücken war der Spuck der Pop-up-Band vorbei. Sie sollten das Publikum mit ihrer fröhlichen Musik überraschen, was gelang.

Um 14.30 traten dann Lost in Lona auf. Zwei Gitarren, meist elektrische, und eine Frauenstimme, waren das Grundgerüst der Formation. Dazu kamen E-Bass, Schlagzeug und eine Steel- oder Hawaii-Gitarre. Ihre Musik war eine Mischung von Indie Pop und Americana. Herrlich schwebende, bewegende Klänge mit Rhythmus fügten sich gut in die tolle Kulisse ein. Der Gesang und die Texte überzeugten. Lost in Lona verstanden es, Geschichten zu erzählen, gleichzeitig Fragen aufzuwerfen und zu unterhalten.

Am Campfire traten zum letzten Mal zwei Teilnehmer:innen der Mountain Academy auf. Zuerst war es Nina Valotti mit ihren Mundartliedern. Ganz im Stile einer Liedermacherin erzählte sie Geschichten und wagte es, einiges zu hinterfragen. Eine klare, deutliche Stimme und ein sattes Gitarrenspiel machten ihr Konzert zum Vergnügen.

Es folgte San Mattia ein Berner mit verschiedenen musikalischen Hintergründen. Auch er entpuppte sich als Geschichtenerzähler. Sein Gitarrenspiel hatte Swing und seine Stimme top präsent.

Dann sangen sie zusammen zwei Lieder, welche sie zusammen geschrieben hatten. Diese Kollaboration mit den Qualitäten der beiden konnte sich hören lassen.

Am Abend um 21 Uhr trat Jalen Ngonda im Vernissage in klassischer Triobesetzung auf. Bass, Schlagzeug und Jalen Ngonda an der akustischen Gitarre und Gesang. Seine hohe Gesangsstimme war gewöhnungsbedürftig, aber schon bald ging sie einem so richtig unter die Haut. Sein Gitarrenspiel war hervorragend. Er brachte das Publikum zum Mitsingen und dann schickte er auch den Bassisten und den Schlagzeuger von der Bühne und sang und spielte Solo, und das sehr überzeugend. Jalen Ngonda versprühte viel Energie und ging behutsam mit dem Publikum um, sodass er sofort viel Sympathien bekam. Ein Soulsänger durch und durch.

Freitag, 11. März
Auf dem Berg vor dem Blue Lounge spielten am Mittag People The People mit dem Sänger aus Zermatt. Die Band zelebrierte unplugged Rock der Sixties und Seventies. Vier Bläser gehörten ebenfalls zur Band und sie gaben dem ganzen den richtigen Schliff. People The People zeigten, wie man auch unplugged so richtig losgehen kann. Der Sänger streute immer wieder gesellschaftsrelevante Kommentare ein.

Samstag, 12. April
Um 14.30 trat beim Beausite Jackson Dean auf. Der Amerikaner konnte mit Stimme und akustischer Gitarre das zahlreiche Publikum bei Sonnenschein begeistern. Musikalisch ist er ein Country-Singer/Songwriter.

Das Campfire um 16 Uhr gehörte dieses Mal Lucky Wüthrich. Mit akustischer Gitarre, seiner Hammerstimme und einem Fussbassdrum begeisterte er das Publikum von der ersten Minute an. Er sang bekannte Coverversionen aus Rock, Pop und Blues, „D Rosmarie und i“ von den Rumpelstilz, eigene Songs und zum Schluss noch Rock ’n’ Roll. Sein wahnsinniges Gitarrenspiel kam so auch hervorragend zur Geltung. Lucky Wüthrich spielte sich in die Herzen des Publikums, bei denen er nicht schon vorher eingezogen war.

Das letzte Konzert auf der Zeltbühne spielte Clueso. Angekündigt wurde ein spezielles Unplugged-Set, was aber hinten und vorn nicht stimmte. Er spiele die akustische Gitarre, dann war ein E-Bass (was ok ist) und ein Schlagzeug. Dazu kamen ein E-Gitarrist und ein Keyboarder. Unplugged war noch der Flügelhornist und Trompeter. Dieser Musiker konnte aber nicht überzeugen, denn er hatte einen ungenügenden Ton mit seinen Instrumenten. Clueso spielte sich durch sein Repertoire mit „Cello“, „Tanz“ und „Chicago“. Zweimal rappte er auch Freestyle. Er versprach am Anfang, dass wir es hier gut haben sollen und alles was ausserhalb des Zeltes ist, vergessen. Dies gelang ihm recht schnell. Das Publikum stand, sang und machte die Welle, es hüpfte auch, dass das Zelt bebte. Clueso spielte ein gutes und solides Deutschpop-Konzert.

Fazit
Dies war wiederum ein sehr gut gelungenes Zermatt Unplugged. Das optimale Wetter, purer Sonnenschein mit Sicht auf das Matterhorn, von wo auch immer, trugen ebenfalls viel dazu bei. Bei den Bühnen wurden teilweise Verbesserungen vorgenommen, vorwiegend beim Cervo. Dort gibt es nicht mehr diese Tischreihen und das nicht essende Publikum muss dahinterstehen und hört dann nichts. Dieses Mal war es einwandfrei, mit gutem Sound. Musikalisch gab es viele Perlen zu entdecken. Für uns waren das Melina Nora, Moira X Otrava, Samy Deluxe mit Mikis Takeover Ensemble, Jalen Ngonda und People The People. Lucky Wüthrich war ebenso ein Höhepunkt. Die Mountain Academy zeigte sich dieses Jahr deutlicher mit jeweils zwei Doppelkonzerten an drei Tagen, was einen interessanten Einblick in deren Schaffen gab und junge Musiker:innen aus der Schweiz zeigte. Offenbar sei Mika sensationell gewesen, aber da erhielten wir leider keinen Zugang. Die Abendangebote mit dem Unplugged Pass waren überfüllt und hatten meist nur Stehplätze mit reinem Höreffekt und ohne Sicht auf die Bühne. Wir freuen uns bereits auf das nächste Zermatt Unplugged am 7. bis 11. April 2026.
Fredi und Kathrin Hallauer
Bildimpressionen










